Maritime Research Forum 2019 – Bericht

Wissenschaft trifft Wirtschaft war das Motto des zweiten Maritime Research Forum. Das Forum, das in Kooperation mit der Helmut-Schmidt-Universität stattfand, stand unter dem Titel: „Zukünftige Kraftstoffe, Energie- und Antriebssysteme“.
28.01.2020
Dr. Regine Klose-Wolf

Dr. Regine Klose-Wolf

Leiterin Kommunikation

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E-Mail: Klose-Wolf[at]dmz-maritim.de

Kapt. Runa Jörgens

Kapt. Runa Jörgens

Leiterin Themen und Projekte/Referentin Schifffahrt

Telefon: +49 40 9999 698 - 71
E-Mail: Joergens[at]dmz-maritim.de

Ziel des Forums ist es, den Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu stärken und zu intensivieren, um Projektideen schneller in die Anwendung in der maritimen Branche zu bringen. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Republik hatten sich auf einen Call for Poster beworben. Die Präsentation ihrer Projekte stand im Mittelpunkt des Forums und war von je drei Impulsvorträgen gerahmt.

Prof. Dr. Klaus Beckmann, Präsident der Helmut-Schmidt-Universität, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie trügen mit ihren Forschungen dazu bei, neue Technologie für den Betrieb von Schiffen zu entwickeln.

Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, betonte in seinem Grußwort die Bedeutung der maritimen Branche (mitsamt ihrer Logistik) für den gesamten Industriestandort Deutschland. Schiffe gehörten zu den umweltfreundlichsten und wirtschaftlichsten Transportmitteln, dennoch und umso wichtiger sei es, zukünftig auf alternative Kraftstoffe umzusteigen.

Dr. Wolfgang Sichermann, Geschäftsführer des Deutschen Maritimen Zentrums, erläuterte den Leitgedanken des Maritime Research Forums, nämlich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in direkten Kontakt miteinander und mit der maritimen Wirtschaft zu bringen.

Impulse I

Constance Ugé (Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen) stellte zum Auftakt das Projekt „Green Shipping – Verwendung von Big Data zur Emissionsbewertung, Verbrauchsoptimierung und Effizienzsteigerung“ vor. Es ging um die Nutzung von Daten, die aus AIS Sendern von Schiffen, aus Wetter- und Umweltdaten (wie Strömung und Hindernisse auf der Reiseroute) gewonnen werden. Lege man diese Daten übereinander, lieferten sie Erkenntnisse darüber, welche Parameter geändert werden müssten, um den Brennstoffverbrauch und die Emissionen eines Schiffes zu reduzieren und seine Ankunftszeiten präziser einschätzen zu können.

Prof. Dr.-Ing. Detlef Schulz (Helmut-Schmidt-Universität) stellte unter dem Titel „Wie weiter mit der Brennstoffzelle?“ zwei Projekte vor, die sich mit elektrisch steuerbaren Brennstoffzellenmembranen und interner Methanisierung befassen. Untersucht werden zum einen die Optimierung von Einzelzellen-Prototypen im Hinblick auf ihr dynamisches Verhalten bei Lastwechsel und deren Lebensdauer (beschleunigte Alterungstests). Zum anderen wird gefragt, ob eine Methanisierung von Wasserstoff bereits in der Brennstoffzelle stattfinden kann. Dies würde den Wirkungsgrad-Verlust um bis zu 10% reduzieren. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte könnten beispielsweise in die Planungen von Notstromplattformen für den öffentlichen Nahverkehr einfließen.

Im dritten Impuls „Alternative Kraftstoffe für die Schifffahrt – Entwicklung und Lieferung. Eine Perspektive aus der Sicht eines Energieunternehmens“ stellte Matthias Mundt (Shell Global Solutions, Deutschland GmbH) die Herausforderung dar, die mit der Energiewende einhergeht. Er erläuterte, dass ein Anwachsen der Weltbevölkerung auf 9,7 Milliarden Menschen (im Jahr 2050) mit einem Wachstum des Welthandels und damit des Seetransports einhergehen würde, das die Emissionen unweigerlich um 50–250% steigen ließe. Die bisher getroffenen Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen seien nicht ausreichend, um die Klimaziele wie z.B. das von der IMO ausgewiesene Ziel (die maritimen CO2-Emissionen bis 2050 um 50% zu reduzieren) zu erfüllen. Um die Ziele zu erreichen, seien Null-Kohlenstoff-Brennstoffe nötig. Dies könne – wenn die Rahmenbedingungen stimmen – durch biologische Kraftstoffe, Batterien, Wasserstoff oder Methanol usw. erreicht werden.

World Café

Im anschließenden World-Café hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gelegenheit, ihr Projekt/Poster in drei Minuten vorzustellen. Es gab fünf Stationen:

  1. Optimierung von Verbrennungsmotoren
  2. Synthetische Kraftstoffe
  3. Energiespeicher/Brennstoffzellen
  4. Windkraft- und Wasserstoffanwendungen
  5. E-Fuels in Großmotoren.

Alle Zuhörerinnen und Zuhörer konnten Vorträge aus drei der fünf Themengruppen hören. In den parallel stattfindenden kleinen Präsentations- und Diskussionsgruppen wurden die Ideen und Projekte sofort in Frage- und Feedback-Runden zwischen Wissenschaft und maritimer Wirtschaft diskutiert. Drei Fragen standen im Zentrum:

  • Was braucht es, damit das Forschungsergebnis in die Praxis umgesetzt wird?
  • Was ist neu?
  • Was ist der Nutzen?

Die Diskussionen an den einzelnen Stationen wurden sehr lebhaft und intensiv geführt und auch in der Pause fortgesetzt. Die Moderatoren des World Cafés fassten die zentralen Ergebnisse der einzelnen Station anschließend im Plenum zusammen. Drei Punkte seien für die Anwendung der Forschungsergebnisse in der Industrie ausschlaggebend:

  • Verwirklicht werden können die meisten Projekte nur in Kooperationen.
  • Ergebnisse werden nur dann vom Markt akzeptiert werden, wenn diese wettbewerbsfähig sind.
  • Damit die Wirtschaft/Industrie in Innovationen investiert, müssen langfristige und verlässliche politische Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Impulse II

Ihren Abschluss fand die Veranstaltung mit drei weiteren Impuls-Vorträgen. Alexander Marczewski (MAN Energy Solutions SE) stellte mit „Schweröl, Marinediesel – Was kommt danach?“ die Entwicklung der Abgas-Regularien (Schwefelobergrenze) in der Schifffahrt vor, die mit der Entwicklung der Abgasnormen im Straßenwesen (Euro 1 bis Euro 6) zu vergleichen seien. Aktuell zeichne sich kein klarer Kraftstoff-Favorit ab, es sei davon auszugehen, dass es zukünftig eine noch größere Vielfalt an Kraftstoffen für die Schifffahrt geben werde: LNG sei hier vorrangig zu beachten, da bereits Technologien z.B. für die Einbindung von Biokomponenten oder auch die Verringerung des Methanschlupfs verfügbar und im Einsatz seien. Eine Realisierung alternativer Antriebe auf Wasserstoff- oder Batteriebasis sehe er für die kommerzielle Seeschifffahrt derzeit sowohl aus technologischer als auch aus kostentechnischer Perspektive nicht. „Grünes“ Methanol sei gegenwärtig unter optimalen Bedingungen 4-fach teurer als übliche Kraftstoffe.

Lars Ravens (Hybrid Port Energy) sprach unter dem Titel „Wasserstoff in der maritimen Wirtschaft“ über Möglichkeiten der Gasverstromung zur Landstromversorgung von Schiffen in Häfen. Ein weiteres Innovationsfeld bestehe im Bereich der maritimen Batterien, die möglichst modular und kompakt auf einem Schiff anzuordnen seien, um einen nur geringen Verlust der Transportkapazität zu haben. Ein aktuelles Beispiel sei die Katamaran-Fähre „Liinsand“, die täglich zwischen Hamburg und Stade verkehre. Die Fähre ist mit einem Hybrid-Antrieb ausgerüstet und fährt im Hafenbereich rein auf Batteriebasis.

Prof. Dr. Stefan Bayer (German Institute for Defense and Strategic Studies) schloss mit dem letzten Impuls „Streitkräfte und Klimawandel“ Um ein intaktes Weltklima dauerhaft zu erreichen, brauche es die Etablierung supranationaler Kooperationen. Trotz internationaler Klimaschutzabkommen (an denen nicht alle Staaten beteiligt seien) würden auf nationaler Ebene keine wesentlichen Handlungsoptionen gegen den Klimawandel entwickelt. Die Verursacher seien aufgrund ihrer geografischen Lage/Situiertheit aktuell nicht die Betroffenen des Klimawandels. Die Auswirkungen des Klimawandels seien in manchen Regionen stark und führten immer häufiger zu Konflikten. Klimafolgen könnten zu neuen zwischenstaatlichen Konfliktstrukturen führen. Es entstehe Bedarf für eine veränderte militärische Infrastruktur, neue militärische Missions- und Einsatzprofile sowie an anders geschultem Personal. Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit erschwerten die Konsensfindung und Handlungsakzeptanz.

Dr. Wolfgang Sichermann zeigte sich am Ende der Veranstaltung sehr zufrieden mit dem intensiven Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Er dankte im Namen des Deutschen Maritimen Zentrums allen Referentinnen und Referenten, den Gästen und dem Kooperationspartner, der Helmut-Schmidt-Universität, für die gute Zusammenarbeit, die interessanten Vorträge und Präsentationen wie auch für die anregenden Diskussionen. Erneut sei deutlich geworden, wie wichtig eine rasche Umsetzung innovativer wissenschaftlicher Ergebnisse in die Unternehmensanwendung sei.

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